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Interview mit Vladislawa (40)
„Ich möchte nicht als Schutzschild benutzt werden“

Erzbistum Bamberg: Am 24. Februar 2022 hat der russische Präsident Putin den Angriff auf die Ukraine gestartet. Wissen Sie noch, was Sie an diesem Tag gemacht haben?

Vladislawa: Ich bin um 4.20 Uhr aufgewacht, weil Explosionen zu hören waren. Swjatoslawa hat bei mir im Bett geschlafen. Ich habe sie in die Bettdecke eingewickelt und bin mit ihr in den Flur gerannt. Zu meiner älteren Tochter habe ich geschrien „Alisa, komm in den Flur! Der Krieg hat angefangen!“

Erzbistum Bamberg: Wann war Ihnen klar, dass Sie flüchten werden?

Vladislawa: Wir haben 2014 schon die Unruhen miterlebt [Der Krieg im Donbas und daraufhin die Ausrufung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk, Anmerkung der Redaktion]. Ich wusste wie schlimm es ist und dass irgendwann die Fortsetzung folgen wird. Deshalb habe ich damals schon beschlossen, sollte etwas anfangen, schnappe ich mir die Kinder und fahre weg.
Wir mussten schon 2014 flüchten, aber da war die Kleine noch nicht dabei.

Erzbistum Bamberg: Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen nicht mehr ausreisen. Sie müssen bleiben, um die Ukraine zu verteidigen. Was halten Sie von dem Beschluss des ukrainischen Präsidenten Selenskyj?

Vladislawa: Ich glaube, dass das richtig ist. Männer, die dort leben, sollen ihr Land verteidigen. Weil, wenn sie es nicht machen, macht das keiner.

Erzbistum Bamberg: Fühlen Sie sich schuldig, dass Sie geflohen sind und die Männer in der Ukraine damit alleine lassen?

Vladislawa: Nein. Weil, wenn ich geblieben wäre, müssten die Männer jetzt Angst um mich und um die Kinder haben. So sind wir in Sicherheit und die Männer können jetzt das tun, was sie tun müssen, um unser Land zu verteidigen.
Ich bin davon überzeugt, da wo die Kämpfe sind, sollen sich Frauen und Kinder nicht aufhalten, weil das macht es unseren Kräften noch schwerer. Frauen und Kinder sind potentielle Gefangene und Druckmittel. Ich möchte nicht als Schutzschild benutzt werden.

Erzbistum Bamberg: Sind Sie denn regelmäßig in Kontakt mit ihrem Mann, mit Freunden, mit Familie von dort? Was bekommen Sie von ihnen mit?

Vladislawa: Ja, in Kramatorsk ist mein Mann und sein Vater. Alle anderen sind geflohen. Wir sind in Kontakt, aber ich frage nicht genau nach was dort passiert, weil es eigentlich verboten ist, darüber zu sprechen. Wenn die andere Seite mithört, dann können sie daraus Informationen ziehen, deshalb reden wir nicht über solche Sachen. Mein Mann kämpft. Deswegen müssen wir besonders vorsichtig sein.

Erzistum Bamberg: Fühlen Sie sich hier wohl und sicher? Wie wurden Sie in Bamberg aufgenommen?

Vladislawa: Natürlich fühlen wir uns hier in Sicherheit. Man hat uns sehr sehr gut empfangen. Ein bisschen lässt auch der Stress nach, weil es uns hier so gut geht. Ich versuche mich ein bisschen von dem ganzen Thema abzulenken, indem ich deutsch lerne, Ausflüge mache oder Sehenswürdigkeiten besuche.
Mein Papa hatte seinen Wehrdienst vor 40 Jahren in Deutschland und er hat immer Postkarten geschickt. Wenn meine Eltern fragen, wie es mir hier geht und wie es aussieht, dann sage ich, es ist noch schöner als auf den Bildern, die du damals geschickt hast.

Erzbistum Bamberg: Sind Sie denn gläubig und können dadurch Kraft tanken und hoffen?

Vladislawa: Natürlich. Natürlich, kann ich mir vorstellen, dass man Halt und Hoffnung im Glauben sucht und findet. Kein Haar wird fallen ohne göttliche Bestimmung.

Erzbistum Bamberg: Haben Sie noch Hoffnung, dass es zu einem diplomatischen Ende kommen kann oder gehen Sie davon aus, dass früher oder später eine Seite gewinnen wird?

Vladislawa: Ich hoffe nicht, sondern ich glaube fest, dass früher oder später eine diplomatische Lösung gefunden wird. Meine Sorge ist, wie viele Menschen noch bis dahin sterben müssen und welchen Preis man für die diplomatische Lösung wird zahlen müssen.

Erzbistum Bamberg: Tut Deutschland Ihrer Ansicht nach genug dafür?

Vladislawa: Es ist schwer, das aus meiner Sicht zu beurteilen, aber ich glaube nach dem was ich gelesen habe, tun sie das was sie können, genauso wie alle anderen. Jetzt arbeiten alle in eine Richtung.

Erzbistum Bamberg: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Regina Schwab mithilfe von Übersetzerin Alona Grygoryeva.