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Interview mit Maryna (37)
„Wir haben nichts zu verlieren, wir haben schon alles verloren“

Erzbistum Bamberg: Am 24. Februar 2022 hat der russische Präsident Putin den Angriff auf die Ukraine gestartet. Wissen Sie noch, was Sie an diesem Tag gemacht haben?

Maryna: Es war ein ganz normaler Tag. Schule, Hausarbeit, alles ganz normal. Es war schon die Rede davon, dass er es tun könnte, das hat mir auch mein Mann gesagt. Aber ich habe ihm gesagt „Ach Quatsch, geh doch schlafen, das wagt er nicht, das macht er nicht“. Ich habe es nicht geglaubt.

Erzbistum Bamberg:  Wann war Ihnen klar, dass Sie flüchten müssen?

Maryna: Es war eigentlich schon am 24. Februar klar, weil das schon der zweite Krieg für mich ist. Während des ersten Krieges war ich in Luhansk, das war 2014.
Wir sind geflohen und haben nach einem Ort gesucht, wo wir bleiben können. Wir haben uns für Charkiw entschieden. Dann kam der zweite Krieg und wir mussten wieder fliehen.
Wir haben es nicht erwartet und haben es nicht kommen sehen. Wir haben nichts zu verlieren, wir haben schon alles verloren.

Erzbistum Bamberg: Sie sprechen von wir?

Maryna: Damals aus Luhansk sind wir zu Dritt geflohen, ich, mein Mann und unser Kind und jetzt haben wir noch ein Kind und sind zu viert geflohen.

Erzbistum Bamberg: Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen eigentlich nicht mehr aus der Ukraine ausreisen. Wie hat es ihr Mann nach Deutschland geschafft?

Maryna: Er ist krank und liegt jetzt hier im Klinikum in Bamberg. Es ist sehr ernst.

Erzbistum Bamberg: Welche Route haben Sie bei ihrer Flucht genommen?

Maryna: Wir sind aus der Ukraine nach Polen und aus Polen hierher. Unsere Flucht hat über eine Woche gedauert und war nicht so gut organisiert. Die Krankheit meines Mannes hat wahrscheinlich auch eine Rolle gespielt - der ganze Stress, die ganzen Zentren an denen wir waren. Aber ich bin voller Hoffnung, weil jetzt ist er im Krankenhaus und wir hoffen einfach, dass es ihm dann gut geht.

Erzbistum Bamberg: Sie haben schon zwei Kriege miterlebt und sind davor geflüchtet. Welche Bilder schießen Ihnen bei dem Gedanken an den Krieg in den Kopf?

Maryna: Beim ersten Krieg habe ich tatsächlich aktiv ganz viel mitbekommen… tote Menschen… auch mein Sohn hat das mitbekommen. Beim zweiten Angriff haben wir nur Militär gesehen, aber keine aktiven Kämpfe. Aber die Bilder von dem ersten Krieg sind immer noch in unseren Köpfen. Als 2014 der Krieg angefangen hat, waren wir noch zwei Monate dort, deswegen haben wir das Ganze mitangesehen. Diesmal war schon klar, sofort raus und wir sind sofort geflohen.

Erzbistum Bamberg: Wie erklären Sie denn ihren Kindern, warum sie fliehen mussten und was in ihrem Heimatland passiert?

Maryna: Sie wissen es. Sie wissen, dass dort Krieg herrscht und wir fliehen mussten, damit wir am Leben bleiben.

Erzbistum Bamberg: Würden Sie, wenn es möglich ist, wieder zurückkehren?

Maryna: Es gibt Hoffnung, aber ob das dann auch möglich wird, das kann man jetzt nicht vorhersehen. Bei der ersten Flucht wollten wir auch zurück nach Luhansk kehren, aber es war nicht möglich. Plötzlich war es ein unabhängiger Teil von was auch immer und man hätte dort nicht so leben können, wie wir es wollten. Und deswegen ja, der Wunsch zurückzukehren ist da, aber ob es dann auch möglich wird, kann man nicht sagen.

Erzbistum Bamberg: Sind Sie denn gläubig und können Halt im Glauben finden?

Maryna: Früher habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht, ob ich glauben soll, ob ich glaube. Ich habe über das Thema nicht nachgedacht. Aber seitdem mein Mann krank ist, suche ich Halt, indem ich versuche an Gott zu denken und an den Glauben und auch versuche mich an jemanden zu wenden.

Erzbistum Bamberg: Haben Sie noch Angehörige in der Ukraine oder Freunde, Familie?

Maryna: Meine Familie ist komplett in Luhansk geblieben und unsere Freunde, die wir hatten, sind jetzt alle in Charkiw.

Erzbistum Bamberg: Geht es denen soweit noch gut?

Maryna: Ja, es geht ihnen soweit gut. Ein Teil unserer Freunde ist in sichereren Regionen und ein Freund ist der Armee beigetreten und kämpft jetzt.

Erzbistum Bamberg: Wenn Sie dem russischen Präsidenten eine Botschaft zukommen lassen könnten, was würden Sie ihm sagen?

Maryna: Lass uns und unsere Ukraine, unser Land, in Ruhe.

Erzbistum Bamberg: Vielen Dank. Alles Gute für Sie und Ihren Mann.

Das Interview führte Regina Schwab mithilfe von Übersetzerin Alona Grygoryeva.